Autor Christian Dettenhammer

 

 

Zweiter Teil Polizei

Seit vielen Jahren beschäftigen unsere Bürger die Themen der inneren Sicherheit, besonders der Kriminalitätsprävention und -verfolgung. Die Sorge um die Zukunft des Rechtsstaats, der eigenen Sicherheit und die Empörung über Missstände prägen zunehmend die Diskussionen in Deutschland. Diese Sorgen erreichen aber die politischen Eliten immer weniger.

Die Polizei ist in vielen Ortschaften nicht mehr präsent, die Anfahrtszeit aus den noch bestehenden Polizeiposten lässt eine Überführung eines Täters auf frischer Tat nur selten zu. In vielen Bereichen ist die Polizei überfordert und kann Kriminalität nur noch verwalten.

Abschnitt 1

Massendelikte ohne Folgen?

Die Polizeistatistik für das Jahr 2015 belegt fast 2,5 Millionen Fälle des Diebstahls. Neben dem Laden- und dem Taschendiebstahl (Steigerung um jeweils rd. 7%) stiegen vor allem die Einbruchsdiebstähle mit 10% im Vorjahresvergleich stark an und wurde mit mehr als 167.000 Fällen erneut ein Rekordwert erreicht. Die Dunkelziffer ist unbekannt, dürfte beim Taschendiebstahl jedoch höher liegen als beim Einbruchsdiebstahl, da der Bürger sich ohnehin keine großen Chancen ausrechnet, sein Eigentum zurück zu erhalten. Beim Einbruchsdiebstahl hilft hingegen eine eventuell abgeschlossene Hausratsversicherung über den wirtschaftlichen Schaden hinweg, setzt allerdings eine Anzeige bei der Polizei voraus. Mit den seelischen Schäden bleibt der traumatisierten Bürger allein.

Insgesamt sind die Aufklärungsquoten denkbar gering. Noch geringer ist die Chance, die gestohlenen Gegenstände wieder zu finden.

Der Bürger fühlt sich von einer Politik unverstanden, die

* Visaerleichterungen für Länder (z.B. Georgien, Ukraine) verspricht, aus denen erwiesenermaßen eine Vielzahl von Tätern stammen.

* Bedenken im Hinblick auf die rechtsstaatliche Verfassung von Ländern zurückstellt, um eine schnelle EU-Erweiterung zu ermöglichen (z.B. Bulgarien, Rumänien),

* offensichtlich unbegründete Asylantenströme zu lange duldet (z.B. Kosovo, Albanien, Marokko)

obwohl allgemein bekannt ist, dass aus (Süd-)Osteuropa und Nordafrika auch Menschen nach Mitteleuropa strömen, deren Hauptziele illegale Machenschaften bis hin zur schweren Drogen- und Bandenkriminalität sind.

Im Bereich der schnell steigenden, globalen Internet-Kriminalität kämpft die Polizei mit unzureichender sachlicher und personeller Ausstattung sowie mangelnder Zusammenarbeit vieler Länder.

Trotz einzelner pressewirksamer Erfolge grenzüberschreitender Zusammenarbeit bei der Abschaltung von kriminellen bot-Netzwerken, ist die Erfolgsquote auch hier insgesamt sehr gering. Organisierte Banden nutzen die sich ihnen bietenden rechtsfreien Räume und können im nicht einmal ansatzweise durch Polizeibehörden überwachten Darknet fast nach Belieben schalten und walten. Der Bürger hat kaum eine Chance, diesen immer komplexeren Angriffen auszuweichen oder entgegenzutreten.

Die Weltfremdheit der Großen Koalition zeigt die Diskussion über die Beschränkung von Bargeld. Nach deren Vertretern sollen die Transaktionsmöglichkeiten der organisierten Kriminalität beschränkt werden. Diese politische Idee hinterließ allerdings weder in Italien noch in Frankreich, beides Länder, die bereits seit mehreren Jahren Bargeldobergrenzen kennen, einen nennenswerten Eindruck bei den Verbrechern. Die organisierte Kriminalität kann Gelder in Diamanten, Rohstoffen, bit-coins, Pizzerien oder auf vielen anderen noch nicht entdeckten Wegen waschen, hierzu bedarf es keiner Bargeldkoffer.

Ohne die Ursachen des Anstiegs insbesondere der Vermögensdelikte, bei denen immer mehr Bürger zu Opfern werden, zu benennen und dann konsequent zu handeln, wird der Glaube an den Rechtsstaat untergraben. Wenn sich hilflos fühlende Menschen Bürgerwehren gründen, ist von der Politik zu erwarten, dass sie die Zeichen der Zeit erkennt und nicht nur diese Bürger verunglimpft.

Abschnitt 2

Fehlende Polizeipräsenz, Einsatz von Hilfspolizisten und privaten Sicherheitsfirmen

Die Präsenz der Landespolizeien in der Fläche ist ungenügend. Viele Dienststellen in kleineren Städten und auch in Grenznähe wurden geschlossen. ALFA fordert die Wiederbesetzung kleinerer Polizeiwachen in der Fläche, um dem Bürger das Gefühl zurück zu geben, dass ihm als Opfer eines Verbrechens schnell eine gut ausgebildete Polizei zu Hilfe kommen kann.

Für den Einsatz von Hilfspolizisten (sei es in der Form der unbewaffneten bayerischen Sicherheitswacht, deren Besetzung als Ehrenamt angesehen wird oder der bewaffneten Wachpolizei in Berlin, Hessen, Sachsen und Sachsen-Anhalt) spricht u.a. die Psychologie. Bürger sehen verstärkt Uniformen und könnten hierdurch beruhigt werden. Außerdem entlasten Hilfspolizisten die hauptberuflichen Polizeibeamten bei Routineaufgaben in erheblichem Maße. Diese können sich dann verstärkt der Verbrechensbekämpfung widmen.

Baden-Württemberg fällt in diesem Bereich vor allem durch Konzeptlosigkeit auf. Der freiwillige Polizeidienst wurde bereits im Jahr 1963 eingeführt und auf dem Land war dieser bewaffnete Hilfspolizist eine durchaus anerkannte Respektsperson. Mit dieser Tradition brach die grün-rote Vorgängerkoalition und fror die Mittel für den freiwilligen Polizeidienst mit dem Ziel der Abwicklung ein.

Die neue grün-schwarze Koalition will den freiwilligen Polizeidienst auf dem zwischenzeitlich reduzierten Personalbestand zunächst fortführen und nun doch ein Konzept entwickeln. Den Bedenken in der Landesregierung, dass Hilfspolizisten in Gefahrensituation schnell überfordert seien, ist mit einer geeigneten Ausbildung entgegenzutreten. Ziel sollte eine Entlastung der hauptberuflichen Polizeibeamten sein, gerade auch von Routineaufgaben, die es nicht nur in den ländlichen Gebieten in jeder Menge gibt.

ALFA fordert die Ausweitung der Hilfspolizeikräfte und eine gute Schulung vor Dienstbeginn. Klar ist aber auch, dass durch den Einsatz von Wachpolizisten nur kleine Teilbereiche der polizeilichen Arbeit abgedeckt werden können und deren Einsatz natürlich nicht zum Abbau regulärer Stellen vollausgebilderter Polizisten führen darf.

Die Hilfspolizei ist nicht zu verwechseln mit Bürgerwehren. ALFA lehnt diese ab, da zum einen das Selbstgefährdungspotential bei einem Zusammentreffen mit Verbrechern groß ist und auf der anderen Seite sich immer wieder auch psychologisch nicht geeignete, ungeschulte Personen als Ordnungshüter aufspielen und selbst zu einer Bedrohung für die Bürger werden.

Bei kommerziellen Großveranstaltungen wie z.B. Musik- und Sportveranstaltungen, müssen nach Auffassung von ALFA Teile der Sicherheitsbereiche auf private Sicherheitsfirmen übertragen werden. Dies würde die Polizei wesentlich entlasten. Zugleich muss die Beteiligung des kommerziellen Veranstalters an den Kosten eines Polizeieinsatzes erhöht werden.

Ein überzeugendes Qualitätsmanagement bei beauftragten Sicherheitsfirmen ist jedoch Voraussetzung. Heute sind dort auch aufgrund sehr niedriger Stundenlöhne viele Personen beschäftigt, die woanders keinen Arbeitsplatz finden können. Dies ist keine gute Ausgangslage für gute Arbeitsqualität.

Abschnitt 3

Ausstattung der Polizei

Während die Spezialkräfte der Polizei im wesentlichen angemessen ausgestattet sind, fehlen bei den Polizeidienststellen in der Fläche geeignete Ausrüstungen und zeitgemäße Einsatzfahrzeuge. Daneben sind die Spezialkräfte in Teilbereichen wie z.B. der Bekämpfung der Internet-Kriminalität personell unterbesetzt. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Beschränkungen des Beamtenrechts für Spezialisten, die in der freien Wirtschaft gefragt sind, keine attraktiven Angebote und Fortentwicklungsmöglichkeiten ermöglichen.

Viele Polizeibeamte und auch die GdP fordern seit langem die Einführung der sogenannten Taser-Waffen also Elektroschockpistolen auch im Streifendienst. Seit 2009 sind diese bei Sondereinsatzkommandos verfügbar. Hier kann auf bis zu 10 Meter Distanz ein Angreifer gestoppt werden.

Das gesundheitliche Risiko ist relativ gering. Eine Arbeitsgruppe der bayerischen Polizei prüft die weitere Einführung. Ein Ergebnis soll Ende 2016 vorliegen. Hier stellt sich die Frage, warum es mittlerweile 7 Jahre dauert, um zu Entscheidungen zu kommen, die Polizisten das Leben retten und den Schusswaffengebrauch zum Teil entbehrlich machen können.

Im Land Berlin haben SPD, Grüne und Linke die Einführung der Taser-Waffe mit der Begründung abgelehnt, dass diese nicht ausreichend harmlos sei.

Da es sogar Politikern klar sein dürfte, dass Waffen definitionsgemäß nicht harmlos sein können, kann nur ein ausgeprägtes Misstrauen gegen unsere Polizei ursächlich für die Entscheidung sein. In 28 Dienstjahren im Vollzugsdienst hat der Rechtsunterzeichner feststellen dürfen, dass sich die Kollegen fast ausschließlich korrekt und diszipliniert verhalten haben.

Grundsätzlich sollte es für alle Verantwortlichen eine Selbstverständlichkeit sein, in Zeiten zunehmender Gefährdungen für eine moderne und umfassende Ausstattung aller Vollzugskräfte zu sorgen.

ALFA ist der Auffassung, dass Haushaltslöcher nicht als Entschuldigung für fehlende Schutzausrüstungen, für veraltete Einsatzfahrzeuge oder Uralt-Computer gelten dürfen.

Abschnitt 4

Bezahlung der Vollzugskräfte in Bund und Ländern

Es ist einfach nach weiteren Gehaltssteigerungen zu rufen. Angesichts eines finanziell stark geforderten Staates, muss abgewogen werden:

Das derzeitige Niveau des Grundgehaltes für Beamte ist angemessen.

Strukturell problematisch ist die Höhe der Polizeizulage. Alle im Vollzugs- und waffentragenden Bereich Tätigen erhalten eine monatliche Zulage von gerade einmal 133 Euro vor Steuern. Das heißt die Gefährdung dieses Kreises von Beschäftigten gegenüber einem normalen Verwaltungsbeamten im Rathaus, im Vermessungsamt usw. ist dem Staat gerade einmal soviel wert, wie ein Abendessen für zwei Personen mit Wein in einem gehobenen Restaurant mit Wein 133 EUR.

Angesichts der vielfältigen Gefährdungen und des in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegenen Gewaltpotentials gegenüber Polizisten, ist dieses aus Sicht von ALFA zu überdenken.